Eine Ära geht zu Ende – Standard Life hat neuen Deutschland-Chef berufen

Bertram Valentin hat plötzlich und überraschend die deutsche Niederlassung des britischen Lebensversicherers Standard Life verlassen. Das verkündete Standard Life Deutschland am 16. August 2011. Rund 16 Jahre lang war er Chef der Niederlassung und hat das Unternehmen maßgeblich geprägt. Sein Nachfolger ist Sven Enger, zuvor Vorstandsvorsitzender der Liberty Hill AG und zuvor der Skandia Lebensversicherung-AG.

Mit der Person Bertram Valentin ist der wahrscheinlich erfolgreichste Markteintritt eines ausländischen Lebensversicherers in den deutschen Altersvorsorgemarkt verbunden. Das Produktkonzept der britischen With Profits begeisterte seit 1996 deutsche Altersvorsorgesparer. Erstmals boten diese Produkte Garantien kombiniert mit attraktiven Renditechancen. Seit 2006 kamen andere Anbieter mit neuen Produktkonzepten auf den Markt. Sie griffen eben diese Produktmerkmale auf. Produktseitig ist Standard Life diesem Trend zu neuen Produktkonzepten zumindest in Deutschland nicht gefolgt. Weder Variable Annuities noch Hybride oder CPPI-Modelle wurden entwickelt. Vielmehr hielt Standard Life an den bis dahin bewährten With Profits fest. Die Alleinstellungsmerkmale schwanden und damit auch die bis dahin überdurchschnittlichen Umsätze.

In der letzten Zeit gab es immer wieder Beunruhigendes aus dem Haus Standard Life zu hören: Wichtige Mitarbeiter verließen das Unternehmen. Personal wurde massiv abgebaut. Vor allem im Vertrieb. Ende 2010 verließ der Vertriebschef Matthias Wiegel das Unternehmen. Und jetzt folgt ihm der strategische Kopf Bertram Valentin.

Überraschend war nicht der Wechsel selbst. Nach so langer Zeit erfolgreicher Zusammenarbeit, wie sie Standard Life und Bertram Valentin verbanden, trennen sich die Wege auch mal. Verwunderlich sind vor allem die Geschwindigkeit und der Zeitpunkt. Ein geordneter Übergang sieht anders aus. Keine Übergangszeit, keine Einarbeitungsphase. Kein Dankeschön. Vielen Partnern, die Standard Life langjährig die Treue gehalten haben, stößt das übel auf. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen der Vorgang auf das Geschäftsmodell haben wird. Eine Neuausrichtung erscheint unausweichlich. Konzentration auf die Stärken. Anschluss an die vorbeigezogene Produktwelt finden.

Der Name Bertram Valentin stand stets für Fairness, Service und Transparenz im Umgang mit Maklern und Kunden. Sein Nachfolger Sven Enger wird sich daran messen lassen müssen. Gleichzeitig muss er die aktuellen Probleme bewältigen. Keine einfache Aufgabe. Auch Sven Enger steht für die genannten Werte. Dennoch fragen sich Vermittler jetzt, ob sie die Bestände umdecken sollten. Die Frage ist aktuell klar mit NEIN zu beantworten. Erstens kostet jeder neue Vertrag den Kunden neue Gebühren. Die Gebühren für den Standard Life Vertrag sind vielleicht gerade erst abbezahlt. Zweitens ändert sich mit dem Führungswechsel nichts an der Anlagestrategie und den Kosten. Aber: Jeder neue Manager muss sich bewähren. Wenn Standard Life die Kosten erhöht oder die Anlagestrategie ändert, könnte künftig die Antwort anders ausfallen. Die Altverträge beobachten, lautet die Devise.

Das gilt auch für die neuen Produkte. Standard Life hat die Gebühren in den letzten Jahren schon erhöht. Auch Stornogebühren wurden eingeführt. Höhere Kosten machen die Produkte unattraktiver. Schon heute sind einige andere Anbieter an der Standard Life vorbeigezogen. Diese Entwicklung zu stoppen und umzukehren wird die Hauptaufgabe von Sven Enger sein. Keine einfache. Bis zu ersten Ergebnissen sollten Berater aber nicht in Aktionismuss verfallen. Besonnen und aufmerksam die Entwicklungen beoachten lautet die Empfehlung. Ich werde immer mal wieder über den Stand der Entwicklungen berichten.

Studien/Gutachten

Studie: Kostentransparenz bei Basis- (Rürup-) RentenversicherungenEine empirische Analyse der Kosteninformationen in den Produktinformationsblätter und deren Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Vorgaben

Seit dem 1. Juli 2008 müssen Lebensversicherer ihren angehenden Kunden vor Vertragsschluss Informationen über bestimmte Kosten geben. Auszuweisen sind die in die Prämie einkalkulierten Abschlusskosten als einheitlicher Gesamtbetrag in Euro, die übrigen in die Prämien einkalkulierten Kosten als Anteil der Jahresprämie in Euro sowie die möglichen sonstigen Kosten in Euro, und zwar grundsätzlich auch im Produktinformationsblatt. Mit dieser Regelung wird bezweckt, dass sich Versicherungsnehmer rechtzeitig bevor sie sich zum Abschluss eines Versicherungsvertrages entscheiden über die Kosten des Vertrages informieren können. Die Transparenz soll dem Kunden eine selbstbestimmte Entscheidung beim Vertragsschluss ermöglichen.

In der empirischen Analyses wurden die Kostenangaben in den den Produktinformationsblättern der meisten der 50 umsatzstärksten Lebensversicherungsgesellschaften in Deutschland am Beispiel der Basis-(Rürup-) Rentenversicherungen untersucht und bestätigte die Befürchtungen: Die Angaben ermöglichen keinen Vergleich von Produkten anhand der Gesamtkosten. Für einen Vergleich fehlen wesentliche Kostenangaben. Auch eine Gesamtkostenkennzahl suchen Kunde und Vermittler fast immer vergeblich. Die derzeit gemachten und vorgeschriebenen Kostenangaben sind gänzlich ungeeignet, um das vom Gesetzgeber mit der VVG-InfoV verfolgte Ziel, Transparenz als Grundlage für den Vergleich von Produktkosten herzustellen, zu erreichen. Der aktuelle Zustand ist auf drei Ursachen zurückzuführen:

  • Die gesetzlichen Vorgaben erfassen wesentliche Kostenbestandteile nicht.
  • Der Gesetzgeber hat Informationspflichten erlassen, die den Versicherungsgesellschaften Spielräume bei den Kostenangaben lassen. Diese Spielräume werden umfangreich und phantasievoll ausgeschöpft.
  • Zum Teil halten sich die Versicherungsgesellschaften nicht an die gesetzlichen Vorgaben.

Im den Analyseergebnisse werden die einzelnen Kostenarten zusammengefasst und Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben, die öfters festgestellt wurden, erläutert. Es ist zu betonen, dass der Gesetzgeber keine Produktregulierung vorgenommen hat, sondern den Unternehmen ausdrücklich Spielräume bei der Gestaltung der Produktinformationsblätter eingeräumt hat. Diese Spielräume wurden durch die Versicherungsgesellschaften ausgenutzt, zum Teil so weitgehend, dass die Kosten nicht mehr berechnet werden können, teilweise nicht mal erkennbar sind und ein Kostenvergleich ausscheidet. Dennoch kann dies teilweise nicht zu Lasten der Versicherungsgesellschaften ausgelegt werden, weil diese nur von den ihnen überlassenen Freiräumen Gebrauch gemacht haben.

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Dr. Mark Ortmann